Wehrdienst oder Kriegsdienstverweigerung?

Eine wichtige Entscheidung: Dein Weg zwischen Wehrdienst und Verweigerung

Wenn du männlich bist und ab dem 1. Januar 2008 geboren wurdest, wird irgendwann ein Brief zur Musterung in deinem Briefkasten landen. Der Bundestag hat beschlossen, einen neuen Wehrdienst einzuführen. Während der eigentliche Dienst zunächst freiwillig bleibt, ist die Musterung verpflichtend. Viele junge Männer fragen sich deshalb schon jetzt: Soll ich Wehrdienst leisten – oder lieber verweigern?
Eine gewichtige Entscheidung, die dein Leben prägen kann. Die evangelische Kirche lässt dich damit nicht allein. Sie begleitet dich, bietet Beratung und hilft dir dabei, deinen eigenen Weg zu finden.


Was bedeutet die neue Musterung?

Die Musterung ist eine Untersuchung, bei der geprüft wird, ob du grundsätzlich für den Wehrdienst geeignet bist. Dabei geht es um deine körperliche und gesundheitliche Verfassung, um deine Ausbildung und um deine persönliche Situation. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass du später tatsächlich dienen musst. Vielmehr schafft die Musterung erst die Grundlage dafür, dass du überhaupt eine Wahl treffen kannst – sowohl in Richtung Wehrdienst als auch in Richtung Kriegsdienstverweigerung.


Warum kehrt der Wehrdienst zurück?

Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat sich die Sicherheitslage in Europa verändert. Der Bundestag reagierte darauf mit dem Wehrdienstmodernisierungsgesetz, das im Dezember 2025 verabschiedet wurde. Die Bundeswehr soll besser auf die Landes- und Bündnisverteidigung vorbereitet sein. Deshalb wird über ein mögliches Wachstum der Truppe gesprochen, ebenso über eine stärkere Einbindung von Reservistinnen und Reservisten.
Sollte sich jedoch herausstellen, dass zu wenige Freiwillige bereitstehen, kann der Bundestag eine sogenannte Bedarfswehrpflicht beschließen. Diese würde aber nur greifen, wenn die Sicherheitslage es tatsächlich notwendig macht.

Wehrdienst: freiwillig oder Pflicht?

Der Dienst selbst bleibt vorerst freiwillig. Wenn du dich also für den Wehrdienst entscheidest, tust du das bewusst und aus eigener Überzeugung. Die verpflichtende Musterung ist aber der neue Standard. Du kannst dich übrigens bereits mit 17 Jahren freiwillig zur Bundeswehr melden – allerdings nur mit Zustimmung deiner Eltern. Die evangelischen Kirchen raten davon ab, da die UN-Kinderrechtskonvention die Rekrutierung Minderjähriger kritisch sieht.

 

Deine Orientierungshilfe: Die Broschüre der EAK

Um dir bei deiner Entscheidung zu helfen, hat die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) die Broschüre „Wehrdienst oder Kriegsdienstverweigerung? Finde DEINEN Weg!“ entwickelt. Sie enthält persönliche Erfahrungsberichte, rechtliche Hinweise und ethische Überlegungen. Ziel ist es, dich zu ermutigen, eine Entscheidung zu treffen, die zu deiner Haltung, deinem Gewissen und deinem Leben passt.
Bis Anfang 2026 wird die Broschüre überarbeitet, sodass auch die neuen gesetzlichen Regelungen berücksichtigt werden.


Kannst du auch Nein sagen? – Dein Recht auf Verweigerung

Ja. Die Möglichkeit, den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern, ist ein Grundrecht. Und dieses Recht steht auch im aktuellen politischen Prozess nicht zur Debatte. Wenn du sagst: Ich kann nicht mit der Waffe dienen, dann gibt es klare Wege, dies geltend zu machen.

Friedlicher Einsatz: Welche Alternativen gibt es?

Neben dem Wehrdienst gibt es verschiedene zivile Dienste, in denen du dich ebenfalls engagieren kannst. Der Zivile Friedensdienst (ZFD) arbeitet weltweit mit Menschen in Krisen- und Konfliktregionen und leistet einen Beitrag zu Dialog, Verständigung und Gewaltprävention. Auch die Freiwilligendienste sollen deutlich gestärkt werden, sodass junge Menschen mehr Möglichkeiten bekommen, sich für Frieden und Solidarität einzusetzen – ganz ohne Waffen.

Was erwartet dich beim Wehrdienst?

Damit du dir ein realistisches Bild machen kannst, bietet die Bundeswehr umfangreiche Informationen an. Friedenspfarrerin Sabine Müller-Langsdorf, die sich seit vielen Jahren mit Friedensethik beschäftigt, betont jedoch, dass der Dienst bei der Bundeswehr eine besondere Verantwortung mit sich bringt. Soldatinnen und Soldaten müssen im Ernstfall damit rechnen, Gewalt ausüben zu müssen – und selbst gefährdet zu sein. Diese Wahrheit gehört zur Entscheidung dazu.

Du bist nicht allein – die Kirche begleitet dich weiter

Egal, wofür du dich entscheidest: Die evangelische Kirche bleibt an deiner Seite.

Wenn du den Wehrdienst antrittst, ist die Militärseelsorge für dich da. Sie begleitet Soldatinnen und Soldaten im Alltag wie im Einsatz – vertraulich, unabhängig von deiner Konfession und auf Augenhöhe.
Wenn du verweigern möchtest, unterstützt dich die EAK bei allen Fragen: Was bedeutet Gewissensentscheidung? Wie läuft das Verfahren? Welche Alternativen gibt es? Die Beratung ist kostenlos und vertraulich.


Wie positionieren sich evangelische Friedensverbände?

Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) und die EAK setzen sich dafür ein, junge Menschen umfassend zu informieren und sie in ihrer persönlichen Entscheidungsfindung zu stärken. Sie wünschen sich eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, wie Frieden und Sicherheit in Zukunft gestaltet werden sollen – und dass zivile Friedensdienste deutlich stärker unterstützt werden.

Beratung für dich persönlich

Vielleicht spürst du, dass die Entscheidung dich beschäftigt, verunsichert oder sogar belastet. Das ist völlig normal. Die evangelische Kirche steht dir mit Beratung und seelsorglicher Begleitung zur Seite, damit du deinen Weg finden kannst – einen Weg, der mit deinem Gewissen im Einklang steht.

Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden
Beratung & Begleitung: www.eak-online.de

Pfarrerin Sabine Müller-Langsdorf
Zentrum Oekumene (EKKW/EKHN)
E-Mail: mueller-langsdorf@zentrum-oekumene.de
Telefon: +49 69 976518-56